Kantatengottesdienst
Ernsthofen - Kantatengottesdienst zum 1. Advent
Kategorie: Kirchengemeinde, Musik
Quelle: Gustl-Gromes-Camerata
Bildrechte: Gustl-Gromes-Camerata
Zum Festgottesdienst zur Verabschiedung von Pfarrer Konrad Rampelt werden die Gustl-Gromes-Camerata, St.Stephan und die Cantatae Cantores am 1. Advent unter Leitung von Dr. Thomas Lippert Musik von Johann Sebastian Bach zur Aufführung bringen, die speziell für diesen Sonntag im Kirchenjahr konzipiert worden ist, nämlich seine Kantate Nr. 61 ‚Nun komm, der Heiden Heiland‘ und zwei Sätze aus der Kantate Nr. 36 ‚Schwingt freudig euch empor‘).
Die Kantate BWV 61 hat Bach schon als Konzertmeister in Weimar zum ersten Advent des Jahres 1714 komponiert, aber während seiner Tätigkeit als Thomaskantor zu Leipzig (ab 1723) – vermutlich im Wechsel mit der gleichnamigen jüngeren Kantate BWV 62 und der Kantate ‚Schwingt freudig euch empor‘ BWV 36 wohl mehrfach wieder aufgeführt, wobei er möglicherweise die Stimmen der Streichinstrumente durch Oboen verstärkt haben könnte, ohne dass dies jedoch in der überlieferten autographen Partitur eingetragen ist. Dem von einem Streichersatz im Rhythmus der französischen Ouvertüre begleiteten Choral des Anfangs liegt Martin Luthers Übersetzung des altkirchlichen Hymnus ‚Veni, redemptor gentium‘ zugrunde. Die Texte des folgenden Rezitativs und beider Arien wurden von Erdmann Neumeister verfasst. Das Rezitativ Nr. 4 ist ein Bibelwort aus der Offenbarung Johannis 3,20. Der kurze Schluss-Satz dieser Kantate ist eine Bearbeitung des Abgesangs der letzten Strophe des Chorals ‚Wie schön leuchtet der Morgenstern‘. Die gesamte Kantate bildet eine Übergangsform von Bachs ganz frühen, durchkomponierten Kantaten in der Tradition der Geistlichen Konzerte eines Dietrich Buxtehude und Nicolaus Bruhns und Bachs Leipziger Kantaten mit getrennten Chorsätzen, Rezitativen und Arien, die wie die Nummern der damaligen Opern bis auf die Tonarten wenig oder keinen musikalischen Zusammenhang bilden. Die einzelnen Sätze der Kantate 61 jedoch erscheinen – obwohl jeweils musikalisch in sich geschlossen – wie ‚aus einem Guss‘ gestaltet und verlangen durchweg einen einheitlichen Grundschlag, der in den einzelnen Sätzen – in der Ouvertüre und der Arie ‚Öffne dich, mein ganzes Herze‘ auch in den verschiedenen Abschnitten – auf unterschiedliche Notenwerte anzulegen ist. Um diesen Zusammenhang hörbar werden zu lassen, werden in der Aufführung der Kantate in Ernsthofen zwischen den Sätzen – anders als üblich - keine Pausen gemacht.
Die Kantate ‚Schwingt freudig euch empor‘ ist Bach dritter und jüngster Beitrag zum ersten Advent. Sie wurde erstmals 1731 aufgeführt. Die Arie ‚Willkommen, werter Schatz‘ allerdings wurde mit anderen Texten schon früher (erstmals 1725: ‚Der Tag, der dich vordem gebar‘, später: ‚Das Gute, das dein Gott beschert‘) zu mindestens drei verschiedenen weltlichen Anlässen aufgeführt. Wie bei etlichen anderen Kantaten Bachs (einschließlich denen des Weihnachtsoratoriums) hat der Leipziger Dichter Christian Friedrich Henrici, der den Künstlernamen ‚Picander‘ angenommen hatte, die Neudichtung für den Kirchengebrauch von Bachs ursprünglich zu weltlichen Anlässen komponierter Musik (‚Parodie‘-Verfahren) mit großem Geschick verfasst. Der Schluss-Choral dieser Kantate besteht in einem einfachen vierstimmigen Satz zu der letzten Strophe von Luthers Lied ‚Nun komm, der Heiden Heiland‘.
Die Gustl-Gromes-Camerata, St. Stephan, ist ein nach ihrem Gründer genanntes Streichorchester, das regelmäßig in Griesheim probt und sich neben Geistlicher Musik besonders oft weitgehend unbekannten Werken von Komponisten des 17. Und 18. Jahrhunderts aus dem böhmisch-mährischen Raum widmet, die der Leiter des Orchesters, der Musikforscher Dr. Thomas Lippert, aus alten Manuskripten oder Erstdrucken zu spielbarem Aufführungsmaterial gestaltet, das inzwischen teilweise vom Laurentius-Verlag, Frankfurt veröffentlicht worden ist. Für gelegentliche Kantatenaufführungen werden die Mitglieder der Cantatae Cantores zusammengerufen. Mit Pfarrer Konrad Rampelt ist die Gustl-Gromes-Camerata, St. Stephan, seit vielen Jahren freundschaftlich verbunden und sieht der Mitwirkung an seinem Abschiedsgottesdienst in Ernsthofen mit besonderer Freude entgegen.
Das beiliegende Foto zeigt Mitglieder der Gustl-Gromes-Camerata mit Pfarrer Rampelt an seiner früheren Wirkungsstätte, der Kirche der Melanchthon-Gemeinde in Griesheim.