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Historisches

Historisches

Innenraum der Evangelischen Kirche in Ober-Ramstadt um 1968 mit dunkler Vertäfelung und Taufstein im Mittelgang

Die Evangelische Kirche hat seit über 300 Jahren so einiges "erlebt". Hier geht es zu Informationen aus der Historie der Kirche.

Die Kirche - ein Haus mit Geschichte(n)

Die heutige Evangelische Kirche in Ober-Ramstadt hat bis weit in die Vorreformationszeit zurückreichende katholische Wurzeln. Bei Ausgrabungsarbeiten im Kirchenboden in den 60er Jahren wurden Reste von drei früheren Bauperioden der Kirche nachgewiesen. Die ältsten Funde stammen etwa aus dem 9. Jahrhundert.

Als Martin Luther 1517 seine 95 Thesen an der Kirchentür von Wittenberg angenagelt hat, begann die Reformationsbewegung in Deutschland als Folge der Unzufriedenheit mit dem Ablasshandel der mittelalterlichen katholischen Kirche.

 

Die Zeit der Reformation

Ein friedliches Nebeneinander der Anhänger der Lehre Luthers und der Katholischen Kirche war damals unvorstellbar. Es zogen sich gewalttätige und politische Machtkämpfe mehrere Jahre hin.

1526 beschloss der Reichstag in Speyer, den Ständen die Entscheidung der Glaubensfrage in Verantwortung vor Gott und Kaiser zu überlassen. Daraufhin entstanden unter anderem die lutherischen Landeskirchen, die den Landesherren nun neben der weltlichen auch die höchste geistliche Gewalt in seinem Territorium einräumten.

Unser Landgraf Philipp von Hessen war Anhänger der protestantischen Lehre und wurde zum Vorkämpfer der Reformation. Deshalb zog bereits 1540 der erste evangelische Pfarrer Georg Keitz in die Ober-Ramstädter Kirche ein.

Der Dreißigjährige Krieg

Eine sehr schlimme Zeit war die Zeit des Dreißigjährigen Krieges mit Hungersnöten und der Pest. In Ober-Ramstadt haben die Menschen sehr darunter leiden müssen.

1622 fielen Söldnertruppen des böhmischen Heerführers Ernst von Mansfeld in das Gebiet des Landgrafen von Hessen-Darmstadt - auch hier in Ober-Ramstadt - ein und bekriegten sich mit dem kaiserlichen Heerführer Tilly. Der Darmstädter Landgraf Ludwig V. bemühte sich anschließend, auch für Ober-Ramstadt den Schaden, der durch die Verwüstungen entstanden war, zu mindern.

1634 lagern Truppen des Schwedischen Königs Gustav II. Adolf auf ihrem Rückzug in Traisa, während die gegnerischen kaiserlichen Truppen in Nieder-Ramstadt lagern. Auch dieses Mal bringen die Soldaten Verwüstung, Raub, Brand und Pest.

1635 ist es so schlimm, dass die Menschen entweder außer Landes ziehen oder verhungern müssen. Auch Pfarrer Nicolaus Vollhard stirbt in Kummer, Hunger und Elend. In Darmstadt wütet die Pest. Pfarrer Johannes Fabricius verlässt Ober-Ramstadt 1642 nach nur fünf Jahren wieder, um nicht ebenfalls verhungern zu müssen.

Als Pfarrer Kalenberg 1650 nach Ober-Ramstadt kommt, gibt es in Ober-Ramstadt nur noch 63 Menschen. In früheren Jahren waren es 85 Haushalte gewesen.

Erholung im 18. Jahrhundert

Ende des 17. Jahrhundert ist die Kirche fast eine Ruine. Erst mit dem beginnenden 18. Jahrhundert werden die Zeiten besser und friedlicher. Als Pfarrer Johann Georg Moter 1708 nach Ober-Ramstadt kommt, gibt es bereits wieder 95 Haushalte. Sieben Jahre später beschließt er, die verwüstete alte Kirche abzureißen und gewinnt Louis Remy de la Fosse, den Architekten des neuen Darmstädter Schlosses, eine neue Kirche für Ober-Ramstadt zu entwerfen. Diese wird in den Jahren 1716 bis 1718 gebaut und am 13. Sonntag nach Trinitatis, dem 11. September 1718 eingeweiht.

Das 19. Jahrhundert

Das 19. Jahrhundert ist die Zeit der Vereine. Pfarrer Johann Georg von Wachter, der seit 1877 in Ober-Ramstadt ist, hat engen Kontakt zu vielen neu gegründeten Vereinen. Es gibt den Radfahrerclub, Feuerwehr, Kriegerverein, Militärverein, Gesangsverein Sängerlust, G.V. Germania, Turnsingverein, Turnverein, Gewerbeverein, Bauernverein, Beerdigungsverein Friede, Casino, Odenwaldclub. In der Gemeinde beginnt der diakonische Dienst mit der Einrichtung einer Kleinkinderschule, einer Krankenschwesternstation und einer Bücherei am Ende des 19. Jahrhunderts.

Das 20. Jahrhundert

Das 20. Jahrhundert bleibt leider nicht friedlich. In zwei großen Kriegen müssen viele Menschen sterben. In beiden Kriegen muss die Gemeinde jeweils die beiden größeren ihrer drei Glocken abgeben, damit sie für den Krieg eingeschmolzen werden können. 1948 ist die Gemeinde wieder in der Lage, vier neue Glocken anzuschaffen, die seitdem in Ober-Ramstadt zu hören sind. 1918 wurde unter Pfarrer Waas der Kirchenchor sowie einige Jahre später der Posaunenchor gegründet und ein Kindergottesdienst eingerichtet. Der Gemeindebrief wurde als "Glaube und Heimat" unter Pfarrer Nürnberger gegründet. Nach dem zweiten Weltkrieg erfolgen große Baumaßnahmen: das Prälat-Diehl-Gemeindehaus, ein Jugendhaus und die neue Orgel werden eingeweiht, die Kirche bekommt ein neues Dach und auch das Kindergartengebäude wird vollständig erneuert.

Nachdem ab 1950 die ersten Häuser im Wohngebiet Eiche entstehen, mietet die Gemeinde dort zunächst Räume für einen Kindergarten und Gottesdienste an. Zwischen 1968 und 1973 entsteht das Gemeindezentrum Eiche mit zweiten Pfarrhaus, Kindergarten und Gemeindehaus.

Eine ausführliche Zusammenstellung der Geschichte der Evangelische Kirche in Ober-Ramstadt mit vielen lebendigen Zitaten aus der Kirchenchronik erstellte Dr. Gerhard Markert 1993 anlässlich des 275. Jubiläums des Kirchenbaus. Das ca. 150 Seiten starke Buch, dem auch viele Informationen dieser Seite entnommen sind, liegt in der Kirche aus und ist auf Anfrage auch bei der Evangelischen Kirchengemeinde erhältlich.


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